Zen: Wie du mit buddhistischer Meditation zu dir selbst findest
Den Begriff Zen hast du sicher schon einmal aufgeschnappt – die meisten verbinden damit vage etwas mit Wellness, Ruhe und Räucherstäbchen. Dabei können die Lehren des Zen-Buddhismus und ganz praktisch die Zen-Meditation auch dein Leben vielfältig bereichern. Wie das geht, erfährst du hier.
Zen ist eine Richtung im Buddhismus, die im Japan des frühen 13. Jahrhunderts entstanden ist. Mit ihr lernst du, das Leben gelassener zu durchschreiten und Angstzustände zu reduzieren.
Was Zen-Buddhismus eigentlich ist
Der Begriff Zen bedeutet übersetzt Meditation und kommt aus dem Sanskrit, eine indische Sprache, in der viele hinduistische und buddhistische Schriften verfasst sind.
Der Zen Buddhismus unterscheidet sich von anderen Richtungen durch den Fokus auf die Praxis des Meditierens. Man bezeichnet diese Strömung deshalb auch als Meditations-Buddhismus.
Es gibt im Zen keine Götter und auch keine bestimmten Regeln. Heilige Schriften, die im klassischen Buddhismus existieren, spielen im Zen-Buddhismus keine Rolle. Daher wird es oft auch eher als Philosophie denn als Religion bezeichnet.
Tatsächlichen werden die Methoden des Zen-Buddhismus heutzutage auch von Menschen unabhängig von Konfession oder Glauben praktiziert. Es geht nicht darum, Wissen zu erwerben oder um bestimmte Glaubenssätze, sondern um die Praxis des Meditierens.
Im Buddhismus spielt meist ein spiritueller Lehrer oder Meister eine wichtige Rolle, der seine Schüler in die Lehren und Methoden des Zen einweist. Neben Zen-Klostern gibt es in vielen Städten sogenannte Zen-Dojos, wo man gemeinsam mit anderen die Methoden des Zen-Buddhismus erlernen und vertiefen kann.
Zen-Buddhismus: Leben im Hier und Jetzt
Das Ziel im Zen-Buddhismus ist das Leben im Hier und Jetzt, befreit von allen Gedanken, Gefühlen, Moralvorstellungen, Konzepten und Verhaltensmustern. Das ist der Zustand, den man unter dem buddhistischen Begriff Nirwana versteht.
Um diese Form der Erleuchtung zu erfahren, muss du von deinen eigenen Gefühlen und Gedanken Abstand gewinnen. Das gelingt durch Meditationspraxis und Achtsamkeit. Dabei fokussiert du dich auf die Situation wie sie ist, ohne sie zu bewerten und gelangt so in einen Zustand der geistigen Ruhe, Leere und Stille.
Bevor du das Nirwana erreichst, durchlebst du zunächst einen Zustand des spirituellen Erwachens, Satori genannt, das durch jahrelange regelmäßige Meditation erreicht wird. Der Zustand wird als eine Befreiung von sich selbst oder auch als positives Gefühl der Leere beschrieben.
Tipps zum Fokussieren findest du hier.
Zazen Meditation (Sitzmeditation)
Die wichtigste Meditationstechnik im Zen-Buddhismus ist das Zazen, was übersetzt “sitzende Meditation” bedeutet (Za= Sitzen, Zen= Meditation). Beim Zazen geht es nicht darum, über ein bestimmtes Thema zu meditieren. Stattdessen steht der Fokus auf die Atmung und auf die Körperhaltung im Vordergrund.
Die Zen Meditation oder auch Zazen ist eine besonders einfache und effektive Form der Meditation und eignet sich aufgrund ihrer Simplizität gerade für Neulinge im Bereich Meditation. Jeder kann die Zen-Meditation erlernen, dafür braucht es lediglich Geduld und Willensstärke.
In Zen-Klostern praktizieren die Mönche stundenlange Sitzmeditationen. Heutzutage findet diese Form der Meditation auch im Alltag großen Anklang.
Die Zen-Meditation hilft dabei, zur Ruhe zu kommen, sich weniger Sorgen zu machen und fokussierter zu sein. Oft sehnen wir uns danach, einfach mal den Augenblick zu genießen, aber unsere eigenen Gedanken halten uns davon ab.
Durch Zen-Meditation fällt es dir leichter, Abstand von den eigenen Gedanken zu gewinnen und die Gedanken einfach vorbeiziehen zu lassen.
Kinhin Meditation (Gehmeditation)
Kinhin bezeichnet im Zen-Buddhismus die Praxis des Meditierens im Gehen, was meist zwischen zwei Zazen geübt wird. So werden die Gelenke, die während des Zazens beansprucht wurden, wieder gelockert.
Gleichzeitig wird der meditative Fokus des Geistes beibehalten. Beim Kinhin geht man im Rhythmus der Atmung und fokussiert sich auf seinen Körper und vor allem auf die einzelnen Schritte.
Auch beim Kinhin spielt die Körperhaltung eine wesentliche Rolle. Die Hände befinden sich in einer speziellen Position, die als shashu bezeichnet wird: Die rechte Hand umfasst die linke Faust, wobei der linke Daumen innerhalb der linken Faust liegt.
Die Hände berühren den Oberkörper unterhalb des Brustkorbs, etwa in Höhe des Solarplexus, die Unterarme richtest du parallel zum Boden aus. Die Schultern sind dabei entspannt, der Oberkörper gerade aufgerichtet, der Nacken gestreckt, das Kinn zurückgezogen und der Blick leicht gesenkt.
Während man tief durch die Nase ausatmet, setzt man den linken Fuß nach vorne und drückt den großen Zeh auf den Boden. Das Knie bleibt dabei gestreckt und die linke Körperhälfte wird komplett angespannt, während das hintere Bein und die rechte Körperhälfte entspannt bleiben.
Dann atmet man ein und geht dabei gleichermaßen mit dem rechten Fuß vor – nun ist nur die rechte körperhälfte angespannt. Das Kinhin kann sowohl in einem schnellen als auch im langsamen Tempo praktiziert werden, was auch innerhalb einer Übung variieren kann.
Im Grunde ist die Bewegung dabei nicht anders, als die, die man während des ganz normalen Gehens ausführt. Beim Kinhin wird sie lediglich viel bewusster und achtsamer wahrgenommen.
Zen-Meditation in der Praxis: Anleitung
Die wichtigsten Meditations-Praktiken im Zen-Buddhismus sind Zazen, die Sitzmeditation und Kinhin, die Gehmeditation, die in der Regel miteinander kombiniert werden. Des weiteren geht es vor allem darum, eine achtsame und meditative Haltung auch im Alltag zu bewahren.
Zazen richtig ausführen
Zazen lässt sich leicht in deinen Alltag integrieren. Damit deine Sitzmediationen von Erfolg gekrönt werden und dir auch tatsächlich ein spirituelles Erwachen ermöglichen, solltest du einige Eckpunkte beachten.
Die richtige Umgebung
Suche dir einen ruhigen Ort, an dem du möglichst nicht abgelenkt wirst und sorge für eine beruhigende Umgebung. Diese kannst du mit Kerzen, Räucherstäbchen oder Gegenständen schaffen, die eine beruhigende Wirkung auf dich haben.
Das alles ist allerdings kein Muss: Es kommt ganz darauf an, was für dich entspannend und beruhigend wirkt. Probiere einfach etwas herum und schau, was für dich passt. Trage bequeme Kleidung – alles, was irgendwie zwickt oder juckt, wird dich bei der Meditation ablenken. Schalte dein Handy aus.
Sitzposition bei der Zen-Meditation
Bei der Zen-Meditation ist eine stabile und bequeme Sitzposition essentiell. Wenn du ausreichend beweglich bist und es für dich angenehm ist, nimm den halben Lotussitz oder den Lotussitz ein.
Diese Position wird traditionell beim Zazen eingenommen und ist besonders stabil. Sie ist dir vielleicht bekannt, wenn du dich schon einmal mit Yoga auseinandergesetzt hast.
Im Lotussitz legst du deine beiden Füße jeweils auf den anderen Oberschenkel. Im halben Lotussitz legst du den linken Fuß auf den rechten Oberschenkel und den rechten Fuß an die Innenseite des linken Oberschenkels. Wichtig ist aber vor allem, dass die Position für dich bequem ist, da sie dich ansonsten ablenkt.
Am Anfang eignet sich daher als alternative ein einfacher Schneidersitz, Fersensitz oder auch ganz normal auf einem Stuhl sitzend, wobei es wichtig ist, den Rücken nicht anzulehnen, sondern aufrecht zu halten. Egal für welche Sitzposition du dich entscheidest, halte deinen Rücken aufrecht und gerade und deine Schultern entspannt und weg von deinen Ohren.
Wichtig: Auch wenn es dir am Anfang schwer fallen wird: Bleib ganz einfach in der von dir gewählten Position sitzen, ohne dich zu bewegen. Das bedeutet auch, dich nicht zu kratzen oder nervös herumzurutschen. Wenn du merkst, dass dich etwas juckt oder ein Körperteil einschläft, versuch es nur wahrzunehmen ohne darauf zu reagieren.
Die Hände
Deine Hände liegen gefaltet in deinem Schoß, sodass die Handflächen nach oben zeigen. Lege die Finger der linken Hand auf die der rechten Hand. Deine Daumen berühren sich dabei leicht. Diese Haltung der Hände nennt sich Hokkai Join.
Der Blick
Augen halb offen, der Blick dabei zu Boden gesenkt. Blick zur Wand oder quer vor dir auf den Boden ohne etwas konkretes zu fokussieren. Entspanne deinen Kiefer und deine Gesichtsmuskeln.
Die Atmung
Wenn du die passende Körperhaltung eingenommen hast, geht es weiter mit dem zweiten wichtigen Aspekt der Zen-Meditation: die Atmung. Dabei musst du eigentlich gar nicht viel machen, außer ganz normal zu atmen und dir dabei deinen Atemzügen bewusst werden.
Du atmest also wie immer durch die Nase ein und aus. Dabei achtest du ganz genau darauf, wie sich jeder Atemzug anfühlt, wie die Luft in deine Lungen hinein und wieder heraus strömt. Hilfreich ist auch, deine Atemzüge zu zählen oder in Gedanken “ein” und “aus” zu sagen.
Das ist der Hauptteil deiner Meditationspraxis. Du konzentrierst dich für die Zeit, die du dir gesetzt hast einfach auf deine Atemzüge und denkst an nichts anderes. Am besten stellst du dir einen Wecker, damit du weißt, wann du fertig bist.
Es ist ganz normal, dass es dir vor allem am Anfang schwer fällt, an nichts zu denken und dass deine Gedanken immer wieder abschweifen. Es ist okay, wenn du nicht an nichts denken kannst – mach dir deswegen also keine Vorwürfe, denn das führt nur dazu, dass du dich noch weiter in deinen Gedanken verstrickst. Wenn du merkst, dass deine Gedanken abdriften, bringe deinen Fokus einfach wieder zurück auf deinen Atem.
Wenn du deine Meditation beendet hast, stehe nicht zu abrupt auf, sondern bleib noch eine Weile in deiner Meditationshaltung und fange dann langsam an dich zu bewegen, erst die Finger, dann die Hände. Nimm dir die Zeit, die du brauchst und komme langsam wieder in der “Realität” an und öffne die Augen.
Zen-Tipps für Anfänger
Buddhistische Mönche meditieren jeden Tag mehrere Stunden – als Anfänger erscheint dir das erst einmal unmöglich. Aber auch in deinem normalen Alltag kannst du das Meditieren einbringen.
Beginne mit kleinen Schritten
Am Anfang wird es dir schwer fallen, besonders lange zu meditieren. Fange mit kurzen Einheiten an und steigere dich dann nach und nach. In der ersten Woche reichen schon zwei Minuten Meditation täglich.
In der zweiten Woche erhöhst du auf vier Minuten, dann auf sechs Minuten und so schaffst du es nach und nach auf eine höhere Zeitspanne.
Mache eine Gewohnheit daraus
Es ist hilfreich, wenn du dir einen festen Zeitpunkt für deine Meditationseinheit suchst. Ideal ist für die meisten Menschen entweder direkt morgens nach dem Aufstehen oder Abends vor dem Schlafen gehen, um den Kopf frei zu bekommen. Das ist auch hilfreich, wenn du Schlafstörungen hast.
Durch die Zen-Meditation kannst du dich von störenden Gedanken befreien und so besser zur Ruhe kommen.
Geführte Meditation
Im Internet findest du verschiedene angeleitete Meditationen. Es gibt auch diverse Apps, die verschiedene angeleitete Meditationen anbieten und dich durch regelmäßige Erinnerungen dabei unterstützen, die Meditation in deinen Alltag einzubauen.
Des weiteren findest du in deiner Umgebung eventuell ein Zen-Dojo, in dem du gemeinsam mit anderen das Zazen erlernen kannst.
Hilfreiche Utensilien für die Zen-Meditation
Für deine ersten Zen-Schritte genügt ein normales kleines Kissen und eine Decke darunter. Fortgeschrittene Zen-Anhänger greifen zu Zafu, einem speziellen Kissen für die Zen-Meditation. Gebräuchlich ist außerdem Zafuton, eine besondere Art von Matte, die unter das Meditationskissen gelegt wird.
Mit Zen entspannter durch den Alltag
Das Ziel im Zen-Buddhismus ist es, voll und ganz im Augenblick präsent zu sein. Das übst du zunächst in der Meditation, doch auch im alltäglichen Leben geht es darum, achtsamer zu sein und sich auf den Moment zu konzentrieren.
In Zen-Klostern spielt die körperliche Arbeit zum Wohl der Gesellschaft ebenfalls eine große Rolle. Man bezeichnet das alltägliche meditative Arbeiten als Samu. Das bedeutet, alltägliche körperliche Arbeiten mit voller Achtsamkeit auszuführen – sei es Gemüse zu schneiden oder Hof zu fegen.
Du kennst das sicherlich aus deinem Alltag: Du unterhältst dich mit einem Freund, aber deine Gedanken schweifen immer wieder ab, du denkst auf der Arbeit schon ans Wochenende, du bist im Urlaub aber kannst nicht so richtig entspannen, weil du an all die Dinge denkst, die du noch erledigen musst…
Wirklich im Hier und Jetzt zu leben fällt uns sehr schwer, da unser Gehirn immer aktiv ist und wir unsere Gedanken nicht so einfach abstellen können.
Zen im Alltag bedeutet Achtsamkeit und im Moment sein. Wenn du dich mit einer Person unterhältst, bleib in der Situation, denk nicht an den Stress auf der Arbeit und auch nicht daran, was du heute Abend essen wirst.
Das wird dir automatisch leichter fallen, wenn du täglich Zazen praktizierst. In der Meditation lernst du, deinen Gedanken nicht so viel Raum zu geben und stattdessen ein Situation ganz objektiv einfach nur wahrzunehmen. Durch das Zen Meditieren fällt es dir irgendwann ohne große Anstrengung leichter, im Moment zu leben.
Durch Zen-Meditation reduzierst du Stress und Angstzustände. Die meditative Praxis kannst du auch im Alltag anwenden, wenn du dich in einer stressigen Situation wiederfindest. Indem du dich auf deinen Atem konzentrierst, kannst du Abstand zum Stress gewinnen und in solchen Situationen ausgeglichener reagieren.
So hat die Meditation auch eine positive Auswirkung auf deine Beziehung zu den Menschen um dich herum. Zazen ist also eine Praxis, die dir Ausgeglichenheit beibringt.
Kommentare
Elisabeth 14. September 2023 um 14:04
Ich mache diese Übungen während des einschlafen. Ich mache Bauchatmung. Einatmen vier Sekunden, ausatmen acht Sekunden. Als ich Anfangs meine Gedanken noch nicht unter Kontrolle hatte, habe ich beim ein -und ausatmen die Zahlen vor meinen inneren Augen projektiert. Inzwischen spüre ich wie ich einschlafe. Mein Geist ist wach aber mein Körper schläft. Mir geht es so gut durch diese Übung.