Storytelling: 4 Beispiele & 7 Tipps zum Geschichten erzählen
Storytelling heißt übersetzt "Geschichten erzählen". Gemeint sind aber keine Märchen oder Kindergeschichten, sondern eine Marketingmethode, die mit Emotionen und Persönlichem arbeitet. Wir erklären dir, wie das funktioniert.
Neben dem Marketing nutzt man das Storytelling auch, um anderen Inhalte beizubringen. Wenn diese Inhalte in eine Geschichte eingebettet sind, merken wir sie uns leichter und länger.
Definition und Bedeutung: Das ist Storytelling
Storytelling ist eine Methode, bei der man Informationen in Geschichten einbaut. Diese können konstruiert, also erfunden sein. Dann erfüllen sie eher die Funktion eines Beispiels.
Die Geschichten können aber auch real sein. Das gilt als die "Königsdisziplin" des Storytellings. Man erzählt zum Beispiel von eigenen Erfahrungen oder denen von Kundinnen und Kollegen, Freundinnen oder Bekannten.
Beim Storytelling geht es darum, eine packende Geschichte zu erzählen, die aber gleichzeitig wichtige Informationen weitergibt. Das können zum Beispiel Erfahrungen, Werte und Normen sein oder auch Lerninhalte.
Besonders wichtig ist das Storytelling im Bereich von Werbung und Marketing. Sehr häufig läuft Werbung nicht über reine Informationen. Stattdessen wird eine Geschichte präsentiert, die uns emotional abholt.
Aber auch in anderen Bereichen ist Storytelling wichtig, zum Beispiel in der Kinder- und Erwachsenenbildung, im Journalismus, in Religionen oder in der Psychotherapie. Geschichten funktionieren fast überall.
Vorteile von Storytelling
Geschichten scheinen uns schon seit Beginn der Menschheitsgeschichte zu begeistern. Sie sprechen nicht nur unseren rationalen Verstand an, sondern vor allem unsere Emotionen.
Deshalb können wir ihnen leichter folgen als einer reinen Wissensvermittlung. Uns interessiert eine gute Geschichte mehr als eine Aufzählung von Fakten.
Durch die emotionale Einbindung können wir uns eine Geschichte auch sehr viel leichter merken. Und es fällt uns leichter, den Kern der Geschichte zu begreifen, wenn nicht nur der Verstand eingebunden wird.
Deshalb ist das Storytelling gut geeignet, um Aufmerksamkeit zu gewinnen und um Wissen zu vermitteln. Dazu kommt, dass wir Wissen aus einer Geschichte auf tieferer Ebene wahrnehmen:
Das Erzählen bringt uns in eine Art Trancezustand. Wir lassen uns sehr viel tiefer auf das Erzählte ein als bei einer reinen Aufzählung von Fakten. Dadurch kann die Geschichte im Unbewussten noch lange weiterwirken.
Und schließlich sorgt eine gute Geschichte auch dafür, dass wir dem Gesagten mehr vertrauen. Mehr noch: Wir vertrauen auch der Person oder dem Unternehmen ein wenig mehr, die oder das uns die Geschichte erzählt hat.
Nachteile von Storytelling
Der Methode des Storytellings wird immer wieder nachgesagt, zu manipulativ zu sein. Gerade durch die Fähigkeiten einer Geschichte nutze man Menschen aus.
Vertreter dieser Sichtweise argumentieren, dass Menschen sich nur dann frei entscheiden können, wenn sie sachlich richtig informiert werden. Das Storytelling geht aber einen anderen Weg.
Über dieses Argument gibt es aber geteilte Meinungen. Längst nicht alle sind der Meinung, dass das ein Problem sein könnte. Entscheidend ist wie so oft ein verantwortlicher Umgang mit der Methode.
Ein weiterer Nachteil: Gutes Storytelling ist nicht so einfach. Eine schlecht erzählte oder wenig überzeugende Geschichte löst eher das Gegenteil aus. Wir sind gelangweilt und glauben der Person weniger.
Data Storytelling als Sonderform
Data Storytelling ist die Kunst, Wissen und Daten auf ansprechende und gut funktionierende Weise weiterzugeben. Die reinen Daten werden in Geschichten eingewoben.
Umgekehrt gehört zu dieser Form des Storytellings auch, dass die Geschichte mit Daten unterfüttert wird. Das sind also zwei Seiten einer Medaille, könnte man sagen.
Zur Unterstützung bereitet man die Daten auf verschiedene Weisen grafisch auf. Das Data Storytelling soll Menschen helfen, sich eine Meinung zu bilden. Allerdings besteht auch hier natürlich die Gefahr der Manipulation.
Das sind die drei wichtigsten Elemente von Data Storytelling:
- Narrativ: Die Daten stellen die Stützpfeiler für die Erzählung dar, aber das Narrativ (die Botschaft der Geschichte) steht im Vordergrund.
- Visuelle Elemente: Übersichten, Zeichnungen, Diagramme, Videos, Grafiken und so weiter veranschaulichen die Daten und stützen damit die Geschichte.
- Kontext: Geschichte und Daten werden zu einer Einheit verwoben.
Strategisches Storytelling nutzen
Das Erzählen von Geschichten ist an vielen Stellen Teil unserer menschlichen Kulturen. Beim Storytelling, genauer gesagt beim strategischen Storytelling, geht es aber um mehr als spannende Märchen.
Strategisches Storytelling bedeutet, dass du etwas Bestimmtes erreichen möchtest, indem du es in Geschichten kleidest. Das kann Werbung sein oder auch ein anderes Ziel.
Beim strategischen Storytelling überlegst du dir, welche Wirkung du erreichen möchtest und welche Geschichten dafür notwendig sind. Man plant die Geschichten also, statt reine Anekdoten zu verwenden.
Letzten Endes ist Storytelling immer dann strategisch, wenn es absichtsvoll eingesetzt wird. Wie groß das Maß der Planung ist, kann sehr unterschiedlich sein.
Beispiele für gelungenes Storytelling im Marketing
Auch wenn es dir vielleicht nicht bewusst ist: Du hast in deinem Leben schon unzählige Geschichten gehört und gesehen, auch im Marketing. Hier kommen vier Beispiele für gelungenes Storytelling.
Die Weihnachtsgeschichte im Edeka-Werbespot
Erinnerst du dich an die rührenden Geschichten, die die Supermarktkette Edeka gerne zu Weihnachten in ihren Spots zeigt? Zum Beispiel diese hier aus dem Jahr 2015, die besonders berühmt geworden ist:
Ein älterer Mann verbringt über Jahre hinweg Weihnachten alleine. Kinder und Enkel feiern woanders und der Großvater leidet darunter. Schließlich ist es soweit: Die Familie bekommt die Todesnachricht des Großvaters.
Doch als alle bei ihm zur Trauerfeier ankommen, werden sie vom quicklebendigen Großvater begrüßt. "Wie hätte ich euch denn sonst alle zusammenbringen sollen?", fragt er.
Der Werbefilm endet damit, wie die Familie glücklich gemeinsam Weihnachten feiert. Diese Geschichte hat damals und bis heute sehr viele Menschen begeistert.
Obwohl es sich bei dem Kurzfilm um einen Werbeclip handelt, wurde er schon in der ersten Woche über 30 Millionen mal auf YouTube angeklickt. Der Hashtag #heimkommen trendete in den sozialen Medien.
Der Weltrekord-Fallschirmsprung mit Red Bull
Die Energydrink-Marke Red Bull hat im Jahr 2012 eine spektakuläre Story übertragen: Felix Baumgartner sprang aus fast 40.000 Metern mit dem Fallschirm ab.
Dabei brach er gleich mehrere Weltrekorde. Er war zum Beispiel der erste Mensch, der im freien Fall die Schallgeschwindigkeit überschritt: Er erreichte eine Geschwindigkeit von 1.357,6 Kilometer pro Stunde im freien Fall.
Außerdem enthielt das Projekt die höchste bemannte Ballonfahrt, den höchste Absprung eines Fallschirms, den längsten Freifall und weitere Superlative. Die Aufmerksamkeit war gigantisch.
Der Sprung wurde zunächst live übertragen und später immer wieder in Videos aufgegriffen. Red Bull, das mit dem Werbespruch "Red Bull verleiht Flügel" wirbt, trat als Sponsor auf.
Das Interessante an dieser Marketing-Aktion ist, dass keine konkrete Werbung für Red Bull gemacht werden musste. Das Projekt verfing so stark, weil die Geschichte des Sprungs so beeindruckend war.
Red Bull selbst sagte, im Vordergrund habe der wissenschaftliche Nutzen gestanden. Außerdem habe man die Menschen inspirieren wollen, "Großes zu wagen".
"The Journey" von Mercedes Benz
Auch dieser Werbespot geht sofort ans Herz und berührt die Zuschauer auf emotionale Weise. Man sieht einen kleinen Jungen, der nachts fröhlich aus seinem Bett aufsteht, um sich auf eine Reise durch die Stadt zu machen.
Er fährt mit dem Bus, überquert gefährliche Straßen und hantiert mit einer riesigen Straßenkarte. Immer dabei ist sein Teddy.
Mit seinem verschmitzt-strahlenden Lächeln ist der Kleine sofort sympathisch.
Schließlich beobachtet man, wie der Junge vor der Polizeiwache ankommt. Mit angestrengter Miene erzählt er dem Polizisten, er habe sich verlaufen. Dieser seufzt und sagt: "Das ist aber das letzte Mal."
Dann fährt er den Kleinen im Polizei-Mercedes nach Hause. Die Gemütlichkeit der Situation und die Niedlichkeit des Kindes lassen sofort positive Gefühle der Marke gegenüber entstehen.
Der falsche Baby-Delfin in der Pfanne
Nicht nur in Werbeclips, auch im Internet findet jede Menge Storytelling statt. Eine recht große Kampagne aus dem Jahr 2019 nutzte die Kraft der Empörung, um auf etwas Wichtiges aufmerksam zu machen.
Der YouTuber Nicolas "Inscope" Lazaridis schockte mit einem Video, in dem er scheinbar einen seltenen Baby-Delfin zum Abendessen für sich uns seine Freunde zubereitete. Ekel und Empörung waren riesig.
Nach einem Tag kam dann die Auflösung: Der Delfin war nicht echt, sondern ein 3D-Druck aus Silikon. Das Ganze war eine Aktion in Zusammenhang mit dem Lebensmittelunternehmen followfood.
Ziel war es, Aufmerksamkeit für nachhaltigen Fischfang und ökologischen Landbau zu generieren. Hierfür war die Story mit dem Baby-Delfin natürlich perfekt geeignet.
Das scheinbar grausige Video wurde von vielen Influencern weiterverbreitet und damit an insgesamt zehn Millionen Menschen ausgespielt. Auch die Auflösung bekamen dann ähnlich viele Menschen mit.
Tipps für dein eigenes Storytelling
Storytelling zu beherrschen ist für fast alle Menschen gut:
- Wer ein Unternehmen hat oder selbstständig ist, profitiert von dieser Art der Werbung, auch im Kleinen.
- Bewerberinnen und Bewerber können mit Storytelling leichter bei einem Einstellungsgespräch überzeugen.
- Politikerinnen und Politiker können leichter von ihren Standpunkten überzeugen.
- Wer im Verkauf arbeitet, ist ebenfalls gut beraten, Storytelling zu nutzen.
- Und auch wenn du – in welchem Zusammenhang auch immer – anderen Menschen etwas beibringen oder sie von etwas überzeugen möchtest, kann dir Storytelling helfen.
Mit unseren 7 Tipps gelingt es dir leichter, Storytelling zu verstehen und anzuwenden.
Erzähle authentische Geschichten
Die Geschichten, die du über dich selbst erzählst, sollten wahr oder zumindest authentisch sein. Es fällt früher oder später auf, wenn du dich verstellst oder eine künstliche Fassade aufbaust.
Erzähle deshalb Geschichten, die sich tatsächlich so ereignet haben. Natürlich ist ein wenig künstlerische Freiheit erlaubt, um die Geschichte spannender zu machen.
Es kann bei deiner Geschichte zum Beispiel darum gehen, wie du dein Unternehmen gegründet hast. Oder wieso du dich für einen Beruf entschieden hast. Oder wieso dir ein bestimmter Wert so wichtig ist.
Denke darüber nach, welche Botschaft du vermitteln willst
Deine Geschichte im Storytelling hat nicht nur Eigenwert, sondern soll etwas erreichen. Du willst anderen etwas beibringen, sie von etwas überzeugen oder sie zum Nachdenken anregen.
Damit das funktioniert, solltest du vorher genau wissen, welche Botschaft du vermitteln willst. Um diese Botschaft herum (man könnte auch Pointe sagen) baust du die Geschichte auf.
Um zum Kern deiner Botschaft vorzudringen, kann dir das Bild vom "Golden Circle" helfen. In diesem Tool sind drei Kreise ineinander verschachtelt:
- Der äußerste Kreis erzählt davon, WAS jemand tut.
- Der zweite Kreis erzählt, WIE jemand etwas tut.
- Und der innerste, wichtigste Kreis erzählt davon, WARUM man etwas tut.
Das Entscheidende ist der innerste Kreis, denn das "Warum" interessiert und bewegt uns Menschen am meisten. Versuche also, das "Was" und das "Wie" abzuschälen, um zum Warum vorzudringen.
Nutze die Grundregeln der Dramaturgie
Egal, welche Geschichte du dir anschaust, die Grundregeln sind fast immer ähnlich. Sie gelten für antike Heldenepen genauso wie für moderne Hollywoodfilme. Und sie sind natürlich auch für dein Storytelling wichtig.
Das sind die Grundzutaten einer guten Geschichte:
- ein Held, mit dem sich das Publikum identifizieren kann, (Beim strategischen Storytelling bist du das oft selbst oder – noch besser – deine Kundinnen und Kunden.)
- ein Ziel, das du mit der Geschichte erreichen willst, also eine Botschaft oder Pointe,
- Konflikte oder Hindernisse, die der Held überwinden muss,
- eine klar aufgebaute Dramaturgie mit einer Ausgangssituation, Komplikationen und einer Auflösung, die zur Botschaft führt.
Lerne von anderen
Schaue dir ganz bewusst Werbung oder öffentliche Reden von Menschen an, die gut sind im Storytelling. Das sind zum Beispiel Sheryl Sandberg, Steve Jobs und noch viele andere.
Versuche, zu analysieren, wie sie ihre Geschichten erzählen. Was sind die Botschaften? Wie beginnen sie? An welcher Stelle haben sie deine Aufmerksamkeit und wann lässt sie wieder nach?
Du wirst feststellen, dass dir an vielen Stellen Geschichten begegnen, an denen du gar nicht damit gerechnet hättest. Nach und nach bekommst du ein Gefühl dafür.
Wecke Emotionen
Gemeinsam zu lachen, zu weinen, zu erschrecken oder zu schimpfen, das verbindet Menschen. Deine Geschichte sollte Emotionen wecken, das ist ein ganz zentrales Element des Storytellings.
Dabei muss es sich nicht immer um eine riesige, unglaubliche oder beeindruckende Geschichte handeln. Uns interessieren auch die Alltäglichkeiten.
Wir wollen zum Beispiel wissen, welche Fehler andere Menschen gemacht haben und was sie daraus gelernt haben. Wir wollen miterleben, wie sie Probleme überwinden, Konflikte lösen und Erfolge haben.
Nutze also auch die kleinen und alltäglichen Storys aus deinem Leben. Wichtig ist nicht die Größe, sondern die Emotionalität des Inhalts.
Zeige dich, auch wenn du dich damit verletzlich machst
Von den eigenen Erfolgen, Schwierigkeiten und Erlebnissen zu berichten, ist gar nicht so einfach. Wir machen uns damit verletzlich, wenn wir Persönliches erzählen.
Genau das ist aber bei einer persönlichen Geschichte wichtig. Wir wollen Authentizität und Nähe erleben. Um echte Emotionen zu wecken, musst du dich mit deiner Geschichte deshalb öffnen.
Das birgt natürlich gewisse Risiken. Aber es eröffnet auch Möglichkeiten, die ohne diesen Mut niemals entstehen würden.
Starte an einer spannenden Stelle
Um dein Publikum in den Bann zu ziehen, solltest du mit deiner Geschichte an einer spannenden Stelle beginnen. Wie es dazu kam, kannst du später immer noch erzählen.
Der Anfang einer Geschichte ist besonders wichtig. Er sorgt für die notwendige Aufmerksamkeit. Widme einem spannenden Start deshalb ausreichend Aufmerksamkeit.