Selbstverteidigung: 4 Arten & 6 Tipps
Selbstverteidigung hilft dir, aus Gefahrensituationen herauszukommen. Nur in Notfällen solltest du den Weg des direkten Angriffs wählen. Wir erklären, welche Formen der Selbstverteidigung es gibt und haben nützliche Tipps, die dir in brenzligen Situationen helfen.
In Gefahrensituationen reagiert jeder Mensch anders: ob Flucht oder Konfrontation, wir entscheiden oft aus einem Reflex heraus. Dabei kann es enorm sinnvoll sein, sich seiner verschiedenen Möglichkeiten bewusst zu sein und überlegt zu handeln.
Was Selbstverteidigung ist
Bei der Selbstverteidigung handelt es sich um eine Vermeidung beziehungsweise Abwehr von Angriffen auf deine Unversehrtheit.
Dieser Angriff kann sowohl seelisch als auch körperlich sein: du kannst dich gegen Mobbing, Beleidigungen, Nichtbeachtung aber auch gegen körperliche Angriffe, Gewalt und Einengung selbst verteidigen.
Der Angreifer möchte eine gewisse Macht auf dich ausüben oder übt sie bereits aus.
Du kannst dich dagegen wehren, indem du bestimmte Techniken oder Maßnahmen anwendest. Zeige dich beispielsweise selbstbewusst und wisse, wie du dir in Notsituationen am besten Hilfe suchst.
Ein Gegenangriff, die sogenannte Notwehr, sollte bei der Selbstverteidigung nur im äußersten Notfall erfolgen.
Selbstverteidigung für Kinder
Kinder brauchen einen besonderen Schutz, denn sie können sich nur schwer gegen überlegene Erwachsene oder größere Kinder selbst verteidigen. Um Kindern Selbstverteidigung beizubringen, gibt es zwei Möglichkeiten: Die Erziehung der Eltern und Selbstverteidigungskurse.
Die Erziehung trägt maßgeblich dazu bei, wie gut sich Kinder selbst verteidigen können. Als Elternteil solltest du dein Kind selbstbewusst erziehen. Es sollte keine Scheu davor haben, deutlich "Nein" zu sagen und seine eigenen Grenzen kennen.
Das bedeutet beispielsweise auch, dass es der Oma oder dem Onkel keinen Kuss geben muss, wenn es nicht will.
Erziehe dein Kind dahingehend, dass es sich traut, über die eigenen Gefühle zu sprechen. Sprich ihm seine Emotionen nicht ab, sondern zeige Verständnis und suche lieber nach Lösungen. Das Kind soll lernen, auf das eigene Bauchgefühl zu hören und sich bei den Eltern gut aufgehoben zu fühlen.
Bringe deinem Kind auch bei, wie es in Gefahrensituationen am besten handelt und wie es sich schnell Hilfe holen kann.
Die andere Möglichkeit ist ein Selbstverteidigungskurs für Kinder. Dieser sollte jedoch nur eine Ergänzung zur Erziehung darstellen, denn das Grundvertrauen und Selbstbewusstsein erlernt es primär im Elternhaus.
Deutschlandweit gibt es zahlreiche Vereine und Anbieter, die Selbstverteidigungskurse für Kinder anbieten. Möchtest du dein Kind bei einem Selbstverteidigungskurs anmelden, kannst du auf folgende Kriterien achten:
- Der Anbieter kooperiert mit örtlichen Hilfestellen
- Die Trainerin/der Trainer ist qualifiziert und pädagogisch oder psychologisch geschult
- Die Eltern werden umfassend informiert, zum Beispiel über den Trainings-Ablauf
- Die Stärkung von Psyche und Selbstbewusstsein ist Teil des Kurses
Selbstverteidigung für Frauen
Selbstverteidigung ist für Frauen ein wichtiges Thema. Und es beginnt bereits bei der Achtsamkeit in tagtäglichen Situationen: Dunkle Gassen zu vermeiden, auf das Bauchgefühl zu hören und auffällige Menschen zu umgehen, gehört für viele Frauen zum Alltag dazu.
Nicht nur sollte körperliche Gewalt nur im äußersten Notfall (zur Notwehr) eingesetzt werden – oft sind Frauen größeren Gruppen körperlich unterlegen. Wie die beste Selbstverteidigung für Frauen aussieht, erfährst du weiter unten.
Formen der Selbstverteidigung
Im Folgenden erklären wir, wie Selbstverteidigung im Speziellen aussehen kann. Dazu gehört schließlich nicht nur die körperliche Auseinandersetzung, sondern auch die Vermeidung oder Flucht vor Konflikten.
Vermeidung von Konflikten
Die erste Möglichkeit der Selbstverteidigung ist, der brenzligen Situation komplett aus dem Weg zu gehen. Dazu gehört beispielsweise, dass du einen großen Bogen um gefährlich oder auffällig aussehende Gruppen oder Einzelpersonen machst.
Provoziere in einer solchen Situation nicht und versuche, dich selbst ebenfalls nicht provozieren zu lassen. Vermeide menschenleere oder dunkle Gassen und öffne nicht die Tür, wenn du ein ungutes Gefühl dabei hast.
Laut und öffentlich kommunizieren
Konntest du der Situation nicht entkommen, hilft dir zur Selbstverteidigung lautes Kommunizieren. Indem du die Tat öffentlich machst, nimmst du der Täterin oder dem Täter die Macht. Schließlich will sie oder er im Stillen agieren und nicht erwischt werden.
Bitte beispielsweise lautstark Vorbeigehende um Hilfe oder wende dich nach der Tat an die Öffentlichkeit, ein Gericht oder vertraue dich nah stehenden Menschen an, damit die Person zur Verantwortung gezogen wird.
Scheue dich nicht davor, um Hilfe zu bitten. Schließlich ist dies eine der effektivsten Formen der Selbstverteidigung.
Flucht
Bist du in eine brenzlige Situation hineingeraten, musst du nicht als letzten Ausweg zum Angriff übergehen. Vor allem dann nicht, wenn du körperlich unterlegen bist oder erst kürzlich mit Kampfsport angefangen hast.
Im besten Fall vermeidest du die Konfrontation: das kann dir beispielsweise mit einer Flucht gelingen.
Notwehr
Kannst du der gefährlichen Situation weder entkommen noch aus ihr flüchten, ist Notwehr das letzte Mittel der Selbstverteidigung. Dabei gehst du in einen verhältnismäßigen körperlichen Angriff über, um dein Gegenüber zu bremsen. In folgenden Situationen wäre Notwehr beispielsweise angebracht:
- Bedrohung, zum Beispiel Androhung von Gewalt
- Sexuelle Nötigung
- Einbruch oder Hausfriedensbruch
- Körperlicher Angriff
Juristisch ist Notwehr im Paragraphen 32-35 des Strafgesetzbuchs geregelt. Wortwörtlich heißt es hier: "Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig".
Und weiter: "Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden". Damit ist Notwehr erlaubt, solange sie dich oder einen anderen vor körperlicher und seelischer Unversehrtheit schützt.
Kampfsportarten für die Selbstverteidigung
Kampfsport ist viel mehr als nur das Erlernen von Kampftechniken. Wer Kampfsport betreibt, ist in der Regel selbstbewusster, fokussierter und hat bessere Reflexe. Du lernst, dich selbst zu verteidigen, strahlst aber gleichzeitig auch eine Sicherheit aus, die potenzielle Angreifer abschrecken könnte.
Im Folgenden stellen wir beliebte Kampfsportarten zur Selbstverteidigung vor.
Krav Maga
Aus dem Hebräischen übersetzt bedeutet Krav Maga "Kontaktkampf". Das fasst im Grunde zusammen, was der Kern dieser Kampsportart ist, nämlich direkt und distanzlos zu kämpfen.
Du lernst Techniken des Faustkampfes, Ringen, Werfen, Hebeln und Bodenkampf.
Außerdem kommen Tritte aus der Karate zum Einsatz und auch das Entwaffnen des Gegenübers ist Bestandteil der Kampfsportart.
Krav Maga fördert Kraft, Ausdauer, Reaktion und Beweglichkeit. Die leicht zu erlernende Kampfsportart kannst du in zahlreichen Groß- und Kleinstädten ausüben.
Mixed Martial Arts (MMA)
Mixed Martial Arts, auch MMA genannt, gilt als eine der härtesten Kampfsportarten der Welt. In ihr sind Elemente enthalten aus Kickboxen, Ringen, Brazilian Jiu-Jitsu und Muay Thai. MMA kennt nur wenige Regeln, von denen einige lauten:
- Nicht gegen Augen, Hals oder Genitalien
- Hinterkopf und Wirbelsäule sind Tabu
- Reißen oder Beißen an Nase und Ohren ist verboten
Dafür lernst du, deinen Gegner zu entwaffnen und dich beispielsweise aus einem Würgegriff zu befreien. MMA ist deutlich schwerer zu erlernen als etwa Krav Maga und erfordert ein hohes Maß an körperlicher Fitness.
Wing Tsun
Die chinesische Kampfsportart Wing Tsun ermöglicht es dir, selbst körperlich überlegene Gegner außer Gefecht zu setzen.
Du lernst, Gefahrensituationen rechtzeitig einzuschätzen und wendest Deeskalationstechniken an, die den Kampf so zügig wie möglich beenden.
Beim Wing Tsun lernst du außerdem, die Körpersprache deines Gegner zu lesen und zu verstehen. Auf diese Weise kannst du seine Schwachstellen identifizieren und den Kampf schnell für dich gewinnen.
Gefördert werden hierbei vor allem deine Koordinationsfähigkeiten und deine Reflexe. Die Schlag- und Tritttechniken, die du beim Wing Tsun erlernst, können mit erstaunlich wenig Kraft ausgeführt werden. Deshalb brauchst du auch keine besonders hohe körperliche Fitness, um Wing Tsun zu erlernen.
Tipps für deine Selbstverteidigung
Du musst keine Kampfsportart lernen, um dich selbst verteidigen zu können. Mit unseren Tipps schützt du dich auf andere Weise.
Setze deine Körpersprache ein
Körperhaltung, Ausdruck und Mimik verraten viel über dich. Gerätst du in eine brenzlige Situation, will dein Gegner mit möglichst wenig Aufwand zum Ziel kommen. Das bedeutet auch, dass er sich eher von selbstbewusst erscheinenden Menschen abschrecken lassen könnte.
Mit einem starken Auftreten erhöhst du die Wahrscheinlichkeit, dass du aus seinem Raster fällst. Ein selbstbewusstes Erscheinungsbild gibst du dann ab, wenn deine Körperhaltung aufrecht und leicht auf Spannung ist, du nicht zu kleine Schritte machst und den Blick nicht gen Boden richtest.
Schaue wachsam, aber nicht herausfordernd und ziehe deine Schultern nach hinten und unten.
Lass dich nicht in Gespräche verwickeln
Wirst du von einer Einzelperson oder Gruppe angesprochen, die dir ein mulmiges Bauchgefühl gibt, solltest du dich keinesfalls in das Gespräch verwickeln lassen. Am besten gehst du einfach weiter.
Auch wenn du denkst, es sei unhöflich, bist du niemals zu einem Gespräch mit Fremden verpflichtet.
Höre in jedem Fall auf dein Bauchgefühl und scheu dich nicht davor, mit einem bestimmten "Nein" oder "Keine Zeit" der Situation zu entkommen.
Werde laut und bitte um Hilfe
Lass dir nicht gefallen, dass jemand deine persönlichen Grenzen missachtet und dir beispielsweise zu nah kommt oder dich anfasst. In diesem Fall solltest du laut werden und deutlich zeigen, dass die fremde Person eine Grenze überschritten hat.
Sieze die Person und versuche sie abzuschrecken, indem du laut "Bleiben Sie weg", "Fassen Sie mich nicht an" oder "Gehen Sie weg" rufst. Sobald die Situation mehrere Passanten erreicht, könnte das dein Gegenüber verschrecken.
Sprich auch ganz konkret Passanten an, indem du sie aus ihrer Anonymität herausholst. Dazu kannst du dir Merkmale heraussuchen, die du ansprichst: "Sie mit dem bunten Hemd, helfen Sie mir bitte" oder "Sie mit dem grünen Kleid, rufen Sie bitte die Polizei".
Wende Notwehr an
Siehst du keinen anderen Ausweg aus der gefährlichen Situation, kannst du im Notfall auch zur Notwehr greifen. Solange diese verhältnismäßig zum Angriff ist, brauchst du keine strafrechtliche Konsequenz zu fürchten.
Melde dich bei Selbstverteidigungskursen an oder über eine Kampfsportart, um dich bestmöglich selbst verteidigen zu können. Allerdings braucht beides enorm viel Training, ehe du daraus einen Vorteil ziehen kannst.
Bei der Notwehr kannst du beispielsweise folgende Maßnahmen ergreifen:
- Schläge mit den Händen und tiefe Tritte
- Beißen, Reißen und Kratzen an sensiblen Stellen
- Auf empfindliche Körperstellen zielen
Wende Hilfsmittel an im absoluten Notfall
In gefährlichen Situationen kann es für dich von Vorteil sein, ein Hilfsmittel zu benutzen. Damit kannst du die Auseinandersetzung schneller und sicherer für dich gewinnen.
Solche Hilfsmittel sollten legal, schnell hervorholbar, leicht zu transportieren und mit wenig körperlichem Einsatz anwendbar sein.
Empfehlenswert sind beispielsweise Pfeffersprays, Schrill-Alarme und Schlagverstärker. Schrill-Alarme sind ein reines Abschreck-Mittel.
Der hohe und laute Ton, den sie von sich geben, erreicht viele Menschen im Umkreis und verschreckt im besten Fall den Angreifer. Was Schlagverstärker sind, erfährst du im nächsten Abschnitt.
Der Kauf und Besitz von Pfefferspray ist hierzulande unter bestimmten Umständen erlaubt. Du darfst dein Pfefferspray benutzen, wenn es der reinen Notwehr dient. Nicht verwenden darfst du es, wenn sich der Konflikt auch hätte anders lösen lassen.
Geht dein Angreifer zu Boden, ist es nicht mehr nötig ihn weiter außer Gefecht setzen zu wollen. Du dürftest ihn in diesem Fall also nicht weiter mit Pfefferspray attackieren.
Benutze einen Kubotan-Schlüsselanhänger
Ein hilfreiches Mittel sind Schlagverstärker, auch Kubotan genannt. Hierbei handelt es sich um kleine stiftartige Schlüsselanhänger, die schmerzhafte Hiebe verursachen können. Sie sind legal erhältlich und recht klein.
Die Kubotan-Schlüsselanhänger sind spitz an beiden Enden und können an deinem Schlüsselbund befestigt werden.
Triffst du deinen Gegner damit beispielsweise auf Gelenken oder Fingerknöcheln, kannst du ihn so außer Gefecht setzen.
Ein großer Nachteil des Kubotan-Schlüsselanhängers ist jedoch, dass du ihn ausschließlich im Nahkampf einsetzen kannst. Außerdem musst du genau wissen, wie du ihn richtig einsetzt.