Mobbing: 12 wichtige Tipps für Betroffene
Mobbing hat viele Gesichter und ist für die Betroffenen oft nur schwer zu ertragen. Gerade in der Schule sind viele Kinder und Jugendliche Mobbing ausgesetzt. Doch was kann man dagegen tun? Hier findest du 12 wichtige Tipps für Mobbing-Betroffene.
Auf Dauer kann Mobbing zu großen körperlichen und seelischen Belastungen führen. Nicht nur in der Schule, auch im Beruf und unter "Freunden" kann das Quälen auftreten.
Definition: Was Mobbing eigentlich ist
Das Wort Mobbing kommt vom englischen "to mob" und bedeutet soviel wie "anpöbeln". Ein anderes Wort für das gleiche Problem ist Bullying. Gemeint ist ein systematisches Ausgrenzen und Abwerten einzelner, meist durch eine Gruppe. Im Alltag kann das ganz unterschiedlich aussehen.
Hier findest du Tipps bei Mobbing am Arbeitsplatz.
Nonverbales Mobbing
Es gibt nonverbale Formen von Mobbing. Dazu gehört zum Beispiel das auffällige Ignorieren. Vielleicht verweigern die Täter die Zusammenarbeit mit dem Betroffenen oder wenden sich ab, wenn er oder sie den Raum betritt, etwa beim Mobbing am Arbeitsplatz.
Zu den nonverbalen Formen gehört es auch, die Sachen des Opfers zu zerstören, zu verstecken oder durcheinanderzubringen. Manchmal reicht es auch schon, wichtige Informationen zurückzuhalten.
Verbales Mobbing
Verbale Formen von Mobbing sind zum Beispiel Beleidigungen, sexuelle Anspielungen oder das Verbreiten von Gerüchten und Unwahrheiten. Viele Mobbingbetroffene kennen es, dass vor ihren Augen über sie getuschelt wird. Bedrohungen oder Bloßstellungen gehören ebenfalls zu den verbalen Formen von Mobbing.
Körperliche Formen
Auch körperliche Formen von Mobbing sind möglich. Wie bei den anderen Formen sind hier viele Abstufungen möglich: sich in den Weg stellen, schubsen oder das Opfer "versehentlich" fest anzupacken zum Beispiel. Manche Mobber erzwingen demütigende Handlungen oder begehen sexuelle Übergriffe. Und schließlich werden manche Mobbingbetroffene regelmäßig geschlagen oder getreten.
Cyber-Mobbing
Die vierte Form des Mobbings ist das Cyber-Mobbing. Hierbei werden zum Beispiel über soziale Medien Lügen, Gerüchte oder beleidigende Fotos und Videos verbreitet.
Verleumdungen, Belästigungen und Ausgrenzungen sind nicht nur in der direkten Begegnung möglich, sondern auch über elektronische Medien. Das große Problem dabei: Daten werden hier sehr schnell einem großen Personenkreis zugänglich und sind nur schwer wieder zu löschen.
Treten solche Verhaltensweisen einmalig oder selten auf, spricht man noch nicht von Mobbing. Finden sie aber über Monate hinweg systematisch statt, dann ist die Sache klar Mobbing.
Ursachen von Mobbing: "Warum gerade ich?"
Die meisten Mobbingbetroffenen fragen sich, warum es gerade sie trifft, oft verbunden mit großen Selbstzweifeln und der Frage, was sie anders machen müssten. Dabei kann es jeden treffen. Im Schulumfeld gibt zwei verschiedene typische Charaktere, die häufiger Opfer von Bullying werden:
Provozierende Mobbingopfer sind eher unsicher und nervös und haben Schwierigkeiten, mit anderen umzugehen. Ihr Verhalten sorgt für Ärger, auf den andere übertrieben negativ reagieren.
Häufiger sind passive Mobbingopfer. Sie sind sensibel, vorsichtig und unsicher. Sehr häufig lehnen sie Gewalt und abwertendes Verhalten ab. Die Mobber vermuten (oft zu Recht), dass sich ein passives Mobbingopfer nicht gut gegen Angriffe wehren kann.
Zusätzlich zu diesen beiden Personengruppen erhöhen verschiedene Faktoren die Gefahr, zum Opfer zu werden. Besonders gefährdet sind:
- kleinere oder schwächere Schüler
- übergewichtige Kinder
- Menschen mit Behinderungen
- Angehörige ethnischer Minderheiten
- Schüler ohne bestimmte Statussymbole wie Markenkleidung oder Smartphones
- Kinder und Jugendliche aus überbehütenden Elternhäusern
Doch selbst wenn du keiner dieser Personengruppen angehörst, schützt das nicht vor Schulhofbullys. Ist kein prädestiniertes Opfer vorhanden, suchen sie sich eben irgendwen aus.
Das Problem liegt nämlich nicht bei den Mobbingbetroffenen, sondern bei den Tätern. Sie haben ein hohes Gewaltpotenzial, sind impulsiv und üben gerne Macht aus. Über wen, ist dabei gar nicht so wichtig.
Folgen von Mobbing
Wer über längere Zeit Mobbing ausgesetzt ist, leidet meist sehr darunter. In der Folge können schwere körperliche und psychische Belastungen entstehen. Die meisten Mobbingbetroffenen werden unsicher und ängstlich, das Selbstbewusstsein leidet stark.
Sie ziehen sich sozial zurück und fühlen sich einsam. Oder sie reagieren ihrerseits aggressiv und unangepasst. Psychosomatische Beschwerden wie Verdauungsprobleme, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen oder Kreislaufprobleme sind häufig. Außerdem leiden in vielen Fällen die schulischen Leistungen.
Auf Dauer können noch schlimmere Folgen auftreten. Nicht wenige Mobbingopfer sind psychisch traumatisiert. Jahrelanges Mobbing erhöht die Gefahr von Depressionen, selbstverletzendem Verhalten und Gewaltausbrüchen.
Sogar Selbstmorde und Amokläufe werden manchmal mit intensivem Mobbing in Verbindung gebracht. Dazu kommen möglicherweise noch körperliche Verletzungen durch die Angriffe.
Aber auch bei denjenigen ohne solche massiven Auswirkungen gilt: Alle Mobbingbetroffenen leiden, teilweise über viele Jahre hinweg täglich. Doch was kann man dagegen tun?
Mobbing in der Schule: 12 wichtige Tipps für Betroffene
Mit Mobbing umzugehen, ist nicht leicht. Vieles hängt von der individuellen Situation ab, sodass nicht alle Tipps für jeden anwendbar sind. Aber sicher ist auch für dich etwas Hilfreiches dabei.
Du bist nicht schuld
Die meisten Mobbingbetroffenen haben das Gefühl, sich selbst in die Lage als Opfer gebracht zu haben. Leider ist das auch bei Eltern und Lehrern noch immer ein verbreitetes Vorurteil. Die wissenschaftlichen Untersuchungen sprechen dabei aber eine klare Sprache: Es kann jeden treffen.
Jeder Mobber findet Gründe, die sein Verhalten angeblich rechtfertigen. Sie haben aber nichts mit dir zu tun, sondern mit dem Täter.
Mache dir klar: An dir ist nichts falsch. Es ist nicht deine Verantwortung oder Schuld, dass du in diese Lage gekommen bist. Im Gegenteil: Dir wird Unrecht getan. Diese Sichtweise ist sehr erleichternd für viele Betroffene und bildet die Basis für alle weiteren Maßnahmen. Und: Sie ist wahr.
Erzähle, was dir passiert
Sehr viele Mobbingopfer schämen sich für das, was passiert. Sie leiden viel zu lange still vor sich hin und lassen die Täter gewähren. Mache es anders: Weihe Erwachsene ein, denen du vertraust. Das können deine Eltern oder andere Verwandte sein, ein Vertrauenslehrer, ein Arzt oder jemand anderes.
Falls du nicht beim ersten Versuch Gehör findest: Versuche es wieder, vielleicht bei einer anderen Person. Du hast ein Recht darauf, mit deinen Erlebnissen gesehen und gehört zu werden.
Vielleicht hast du das Gefühl, Erwachsene könnten dir ja sowieso nicht helfen? Das ist nicht richtig. Vielleicht gibt es nicht sofort die Möglichkeit, das Mobbing zu beenden.
Aber es tut auf jeden Fall gut, mit dem Leid nicht mehr alleine zu sein und andere, wohlmeinende Menschen um sich zu haben. Teile deine Erfahrungen und erzähle, was dir passiert ist.
Unterhalte dich mit anderen Betroffenen
Auch wenn du dich vielleicht sehr einsam fühlst: Du bist mit deinen Erfahrungen nicht alleine. Es gibt Unzählige, die Ähnliches durchgemacht haben oder noch durchmachen.
Im Internet gibt es Foren und Online-Gruppen, in denen du dich mit anderen Betroffenen austauschen kannst. Das tut einerseits gut, weil du merkst, dass es anderen ähnlich geht wie dir. Und andererseits hilft es, Ideen zu finden, um die Situation zu verbessern.
Führe ein Mobbingtagebuch
Es kann sehr hilfreich sein, die Übergriffe der anderen aufzuzeichnen. Zum einen gibt dir das eine gute Erklärungsgrundlage, wenn du mit Erwachsenen sprichst. Du kannst viel leichter darstellen, wo das Problem liegt und wie häufig du darunter leidest. Und zum anderen hilft das Aufzeichnen dir vielleicht, deine Erfahrungen besser zu verarbeiten.
Wichtig ist, dass du in deinem Mobbingtagebuch alle Vorfälle dokumentierst, nicht nur manche zwischendurch. Schreibe genau auf, wann was passiert ist und welche Personen den Vorfall mitbekommen haben.
Notiere außerdem, wie du reagiert und dich gefühlt hast. Hatte das Mobbing noch länger Auswirkungen? Hast du dich zum Beispiel im Lauf des Tages deswegen noch schlecht gefühlt? Dann notiere auch das. Bei Cybermobbing sind Bildschirmfotos und andere Beweise hilfreich.
Mobbe nicht zurück
Der Wunsch, es den Bullys heimzuzahlen, ist sehr verständlich. Doch es führt zu nichts, wenn du versuchst, sie (oder Unbeteiligte) ebenfalls zu mobben. Im Gegenteil: Wenn du dir selbst Mobbingvorfälle zuschulden kommen lässt, dann sind Erwachsene eher geneigt, beide Parteien für "schuldig" zu halten. Umso schwerer bekommst du Unterstützung. Lasse dich deshalb nicht zu Racheaktionen hinreißen.
Wehre dich möglichst frühzeitig
Wenn du wieder einmal in die Situation kommen solltest, dass dich andere ärgern, dann wehre dich am besten möglichst frühzeitig. Übergehe Anspielungen und Anfeindungen nicht, sonst wird es vielleicht immer schlimmer.
Je früher du dich wehrst, umso besser stehen die Chancen, dass sich der Konflikt im Keim ersticken lässt. Eine mögliche Reaktion zu Beginn eines Konflikts ist es, den Täter im Vier-Augen-Gespräch direkt anzusprechen: "Ich habe gehört, du erzählst Lügen über mich. Was bezweckst du damit?"
Suche dir professionelle Hilfe
Mobbing kann Betroffene sehr stark belasten. Viele brauchen Unterstützung, um mit dem Erlebten gut klarzukommen. Deshalb solltest du dir Hilfe suchen, wenn du merkst, dass du alleine mit der Situation überfordert bist.
Wende dich zum Beispiel an Mobbing-Beratungsstellen oder die "Nummer gegen Kummer" beziehungsweise ein anderes Sorgentelefon für Kinder und Jugendliche. Auch ein Psychotherapeut kann wertvolle Unterstützung liefern. Lass dir helfen, du musst nicht alle Probleme alleine lösen.
Lasse Cyber-Mobber sperren
Bei Cyber-Mobbing kannst du versuchen, den Mobber auf dem jeweiligen Dienst sperren zu lassen. Informiere dazu den Anbieter des Dienstes, der für das Mobbing genutzt wird. Fordere ihn auf, das Profil des Täters oder zumindest die Mobbing-Inhalte zu löschen.
Nutze außerdem die Blockierfunktion, um den Kontakt zum Cyber-Mobber zu unterbinden. Und: Reagiere nicht auf beleidigende Nachrichten, sondern beziehe so schnell wie möglich Eltern oder andere Vertrauenspersonen mit ein.
Schalte in schweren Fällen die Polizei ein
In einigen Fällen überschreitet das Mobbing eindeutig die Grenze des Strafbaren. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn du körperlich angegriffen wirst oder wenn Fotos und Videos von dir ohne deine Erlaubnis im Netz verbreitet werden.
In solchen und anderen schweren Fällen kannst du die Polizei einschalten. Leider ist die Gefahr recht hoch, dass ein Strafverfahren wegen Mobbing wieder eingestellt wird.
Aber die Tatsache, dass überhaupt ein Strafverfahren eingeleitet wurde, ist für viele Täter schon ein ordentlicher "Schuss vor den Bug".
Suche dir einen Ausgleich
Wenn du in der Schule gemobbt wirst, ist es umso wichtiger, in der Freizeit eine angenehmere Umgebung zu haben, in der du dich wohlfühlst. Vielleicht findest du in einem Sportverein, einem Chor oder einer Pfadfindergruppe neue Freunde und angenehmeren Anschluss?
Ein Ausgleich in der Freizeit ist wichtig für dein Wohlbefinden und deinen Stressabbau.
Besuche eine Selbstbehauptungsgruppe
In Selbstbehauptungstrainings kannst du üben, selbstbewusster aufzutreten und fiesen Angriffen besser zu begegnen. Du lernst, wie du dich effektiv wehren kannst und wie du es schaffst, Angriffe nicht mehr so persönlich zu nehmen. Außerdem triffst du dort andere Mobbingbetroffene, mit denen du dich austauschen kannst. In vielen Städten gibt es entsprechende Angebote, vielleicht ist auch etwas für dich dabei.
Letzter Ausweg: Wechsle die Schule oder Klasse
Die Frage, ob ein Klassen- oder Schulwechsel sinnvoll ist, ist schwierig zu beantworten und kommt auf den Einzelfall an. Das Problem: Mit einem Wechsel wird in gewisser Weise das Mobbingopfer bestraft, denn es muss ja gehen und den Tätern das Feld räumen. Trotzdem ist es manchmal, wenn nichts anderes greift, eine gute Möglichkeit. Der große Vorteil: Du kannst in einer neuen Umgebung von vorne anfangen.
Was Eltern und Lehrer gegen Mobbing in der Schule tun können
Nicht nur die Kinder und Jugendlichen, auch Eltern und Lehrer sind oft überfordert, wenn es um Mobbing in der Schule geht.
Viel zu oft schauen die Erwachsenen dann weg und überlassen die Jugendlichen ihren schlimmen Erfahrungen. Welche Maßnahmen im Einzelfall greifen, ist unterschiedlich. Diese Regeln gelten jedoch immer:
Wenn dir ein Jugendlicher von Mobbingerfahrungen erzählt, dann nimm ihn oder sie ernst. Nichts ist schlimmer, als immer wieder gesagt zu bekommen, man solle sich nicht so anstellen.
Verkneife dir Sprüche wie "Jungs sind halt so" oder "Das meinen die bestimmt nicht so". Besonders schlimm ist der Spruch: "Bestimmt ist er/sie in dich verliebt. Was sich liebt, das neckt sich …" Auf diese Weise vermittelt man vor allem Mädchen, dass es unter dem Deckmantel der Verliebtheit in Ordnung sei, Gewalt auszuüben.
Mache dem Jugendlichen deutlich, dass er oder sie nicht schuld an den Übergriffen ist. Es sind die Täter, die einen Fehler machen, nicht das Opfer. Umgekehrt solltest du das Geschehene aber auch nicht überdramatisieren.
Eine Mutter, die beim Thema Mobbing sofort in Tränen ausbricht, verunsichert das Kind. Die Gefahr ist groß, dass es sich danach nicht mehr öffnet, um die Eltern zu schonen.
Wenig hilfreich ist auch die Aufforderung: "Wehr dich doch endlich". Zum einen sagt sie dem Opfer, es sei selbst schuld, wenn es die Angriffe nicht beenden kann. Und zum anderen verlangt sie von ihm, selbst Gewalt anzuwenden. Und: Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich das Mobbingopfer gewehrt hat, nur eben nicht damit durchgekommen ist.
Hole andere Erwachsene ins Boot. Als Elternteil ist es wichtig, Lehrer anzusprechen, und umgekehrt. Auch im Kollegium sollte das Thema auf den Tisch kommen.
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